28.04.2023 | Ben Kaden
Es mag für manche Open-Access-Anhänger*innen bisweilen etwas erstaunlich wirken, wenn Kritik an den Kostenmodellen für Open Access ausgerechnet in Zeitschriften, die bei Elsevier erscheinen, artikuliert wird. Aber da ich gerade eine aktuellere Ausgabe von Social Science & Medicine (Volume 317, January 2023) vor mir und darin einen Aufsatz bzw. eine „narrative review“ mit der etwas reißerischen Überschrift „Open access publishing – noble intention, flawed reality“ (von John Frank, Rosemary Foster, Claudia Pagliari) aufgeschlagen habe, bietet es sich trotzdem an, ein Takeaway notieren.
Denn selbstverständlich ist den Autor*innen zuzustimmen, wenn sie Herausforderungen und unglückliche Entwicklungen für das Open-Access-Publizieren gerade bei den großen Zeitschriftenverlagen diagnostizieren. Das Aufkommen von so genannten „Predatory Journals“, die kaum etwas mit wissenschaftlichem Austausch und sehr viel mit problematischen Business zu tun haben, verstärkt den Effekt und sorgte in der Vergangenheit für viel Irritation.
Die Autor*innen schlagen daher vier Maßnahmen vor, um den Herausforderungen der Kostenverlagerung auf die Publizierenden, den Kostensteigerungen bei den Publikationsgebühren, der Marktkonzentration und der Schwemme an Raubjournalen zu begegnen:
Die gute Nachricht ist, dass es für diese Lösungswege Konzepte und Aktivitäten von Initiativen wie ScholarLed über Projekte wie KOALA bis hin zu Publikationsfonds gibt. Trotz aller Kritik und Folgeherausforderungen kann man sicher auch DEAL als gezielten Versuch einer Lösung ansehen. Gleiches gilt für das skandinavische BIBSAM-Konsortium. Leider werden solche Ansätze im Artikel nur wenig elaboriert, auch wenn Initiativen wie Plan S – inklusive der Kritik daran – Erwähnung finden. Eine interessante, kurz angerissene Perspektive ist allerdings das Unterstreichen der Rolle eines öffentlichen Zugangs für und von Open Access:
“Improved support for access to scientific publications for the public at large. This key audience includes patients and advocacy groups, as well as ‘citizen scientists’.”
Allerdings ziehen die Autor*innen keine klare Verbindung zu einer Lösung der Herausforderungen im Funding und Kosten, was darauf hindeutet, dass dies eigentlich ein anderes, vielleicht eher volkswirtschaftlich relevantes Thema ist: Open Access hilft, die finanzierten Forschungsergebnisse auch außerhalb der Wissenschaftswelt zugänglich und nachnutzbar zu machen.
Einsichtig ist, dass es, wie auch die Autor*innen betonen, kein Allheilmittel gibt. Der Pessimismus ihrer Einschätzung – “without such changes, full and fair implementation of OA is unlikely to be realized.” – ist in der Sache gut nachvollziehen. Die Praxiserfahrung zeigt aber, dass man den Herausforderungen durchaus mit Zuversicht begegnen kann. Schließlich stand das Finden von umfassenden und fairen Umsetzungsmöglichkeiten von Open Access auch als Grundidee der Brandenburger Open-Access-Strategie und ist damit auch ausdrückliche Aufgabe für uns als Vernetzungs- und Kompetenzstelle. Und hier merken wir, dass die Transformation doch recht gut gelingt.
Quelle: John Frank, Rosemary Foster, Claudia Pagliari: Open access publishing – noble intention, flawed reality. In: Social Science & Medicine. Volume 317, January 2023, 115592. DOI: 10.1016/j.socscimed.2022.115592