08.12.2023 | Team OA Brandenburg

OA Takeaways: Ein Debattenbeitrag zur Definition von „Diamond Open Access“

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Sarah Dellmann, Xenia van Edig, Jesko Rücknagel, Stefan Schmeja: Facetten eines Missverständnisses. Ein Debattenbeitrag zum Begriff „Diamond Open Access“, in: o-bib 9 (3), 2022, S. 1-12. https://doi.org/10.5282/o-bib/5849

Neben dem zwanzigsten Jahrestag der Berliner Erklärung hatte das Jahr 2023 auch ein zehnjähriges Jubiläum zu bieten. Im September 2013 erschien der Aufsatz The diamond model of open access publishing von Christian Fuchs und Mariso Sandoval, der bis heute viel zitiert wird und als erstes einflussreiches Schlüsseldokument zum Thema Diamond Open Access gilt. In diesem formulierten sie eine maßgebliche Definition: 

„In the Diamond Open Access Model, not-for-profit, non-commercial organizations, associations or networks publish material that is made available online in digital format, is free of charge for readers and authors and does not allow commercial and for-profit re-use.“ (Fuchs, Sandoval, 2013) 

Die Notwendigkeit einer genauen Definition 

So weit, so abstrakt. In der Praxis wirft die Definition allerdings ebenso Probleme auf wie die sich auch abseits der zitierten Formulierung herausbildenden unterschiedliche Verständnisse von Diamond Open Access. Dass zusätzlich ebenfalls nicht immer scharf bestimmte Konzepte wie „scholar-led”, „community-driven“ oder „bibliodivers“ mit ins Spiel kommen, verkompliziert die Sache weiter.

Grund genug für ein Autor*innenkollektiv aus der TIB Hannover, diese alten und neuen Unschärfen 2022 in einem Debattenbeitrag noch einmal aufzuarbeiten. Erst eine präzisere begriffliche Eingrenzung, so das nachvollziehbare Anliegen, ermögliche auch eine belastbare Einordnung der Diamond-OA-Ansätze. Das wiederum ist notwenig, wenn gezielt Infrastrukturaufbau und -förderung für solche Publikationsmodelle erfolgen soll. 

Die Herausforderung der Kommunizierbarkeit 

Das zweite Problem der sich erweiternden Open-Access-Farbenlehre liegt, wie der Beitrag ebenfalls unterstreicht, in der Vermittlung der Konzepte an Zielgruppen außerhalb der Open-Access-Community. Während Green OA für Open-Access-Zweitveröffentlichungen beispielsweise auf Hochschulrepositorien und Gold OA für Erstveröffentlichungen in Open-Access-Zeitschriften in Wissenschaft und Hochschulen weithin bekannt sind, stiften die anderen Facetten von bronze bis schwarz oft Verwirrung. Gleiches gilt häufig auch für Diamond OA.

Daher sprechen sich die Autor*innen dafür aus, Gold OA nicht ausschließlich mit auf Publikationsgebühren (APC) basierenden Modellen zu verknüpfen, sondern auch Zeitschriften und Publikationsplattformen ohne Gebühren einzubeziehen. Also auch diejenigen, die die Kriterien für Diamond OA erfüllen.

Zur Präzisierung von Gold OA / Diamond Open Access 

Aber welche Kriterien sind es genau? Und wie sollte man mit Mischformen der Modelle umgehen? Die Lösung heißt Differenzierung und zwar ungeachtet, ob man weiterhin von Diamond OA sprechen oder unter dem Leitbegriff Gold OA ins Detail gehen möchte. Die für Diamond OA definierten Anforderungen und die bewusste Abgrenzung zu kommerziellen Publikationsmodellen gibt es ja und damit wird es notwendig, sie möglichst genau benennen zu können.

Für diesen Zweck schlagen die Autor*innen „spezifizierende[..] Kriterien mit weiteren Attributen“ vor. Es handelt sich um zunächst vier Kategorien, für die entsprechende Anforderungen formuliert werden können:  

Juristisches (Eigentum, Governance, Rechtsform), u.a.

  • Verwertungsrechte bleiben bei Autor*innen
  • Eigentum am Publikationsorgan liegt bei wissenschaftlichen Not-for-Profit-Akteur*innen 

Infrastrukturen, u.a. 

  • technische Lösungen für Workflows und Hosting sind offen (Open Source, offene Schnittstellen) und werden von öffentlichen Wissenschaftsinstitutionen oder Not-For-Profit-Akteur*innen betrieben 

Finanzierung, u.a. 

  • betriebskostenorientiert, über Querfinanzierung, Crowdfunding, Konsortiallösungen 

Datenschutz, u.a. 

  • Verzicht auf Datentracking 

Dieser Katalog ist nur als erster Impuls zu lesen und deutet an, in welche Richtung eine Differenzierung erfolgen kann. Die Autor*innen ergänzen technische Anforderungen sowie Bibliodiversität als weitere mögliche Kriterien. 

Fazit 

Die beiden Takeaways aus dem Beitrag sind nach unserer Sicht: 

1. Präzision und Differenzierung des Begriffs. Die Modelle, die aktuell unter Diamond Open Access verstanden werden, sollten für die Operationalisierung und die Diskussion klarer und differenzierter beschrieben werden.  

  1. 2. Weniger Farben wagen. Insbesondere für die Kommunikation nach außen ist die Verwendung der Bezeichnung Diamond Open Access fraglich. Möglicherweise sollte man unabhängig vom Finanzierungsmodell grundsätzlich von Gold OA sprechen, wenn es um frei zugängliche Erstveröffentlichungen geht. Die besonderen Eigenschaften und Anforderungen – vollständig gebührenfrei, gemeinwohlorientiert, ggfs. durch öffentliche Wissenschaftsinstitutionen betrieben – müsste man dann im Einzelfall jeweils herausstellen. 

zitierte Quelle: 

Fuchs, Christian; Sandoval, Marisol (2013-09-09). The Diamond Model of Open Access Publishing: Why Policy Makers, Scholars, Universities, Libraries, Labour Unions and the Publishing World Need to Take Non-Commercial, Non-Profit Open Access Serious. In:TripleC: Communication, Capitalism & Critique. 11 (2): S. 428–443. doi: 10.31269/triplec.v11i2.502