14.10.2022 | Ben Kaden

Takeaways zur Schulung „Open Access Kommunizieren“. (Heinz Pampel, Ben Kaden, 06.10.2022)

Wie angekündigt fand am 06.10.2022 die Schulung der Vernetzungs- und Kompetenzenstelle Open Access Brandenburg zur Frage einer, wenn man so will, gelingenden Kommunikation von Open Access und Open Research in wissenschaftlichen Organisationen statt. Dass der Fokus anders als bei anderen unserer Veranstaltungen nicht nur auf Hochschulen lag, ergab sich aus der Rolle und dem Blick des eingeladenen Experten. Heinz Pampel vom Open Science Office der Helmholtz-Gemeinschaft ergänzte die Perspektive durch Erfahrungen aus dem Feld der außeruniversitären Forschungseinrichtungen. (Foliensatz Open Access kommunizieren. Strategien und Erfahrungen, 06.10.2022) Die Perspektive Helmholtz-Gemeinschaft ist notwendig spezifisch, enthält aber ausreichend ähnliche Herausforderungen, so dass eine Reihe der erwähnten Good-Practices abstrahier- und übertragbar sind.

Um es vorwegzunehmen: Der Glanz- und Anknüpfungspunkt für die Diskussion war die von Heinz Pampel vorgestellte Liste mit “Zehn Tipps für eine erfolgreiche Open-Access-Kommunikation”. Diese allein hätte gereicht, um die Schulung, die sich zu einem Expert*innen-Workshop entwickelte, zu füllen. 

Folie (Screenshot) 10 Hinweise für eine erfolgreiche Open Access Kommunikation (von Heinz Pampel)

Folie (Screenshot) 10 Hinweise für eine erfolgreiche Open Access Kommunikation (aus den Präsentationsfolien von Heinz Pampel)

 

In jedem Fall resonierten in ihnen viele der Punkte, die die Teilnehmenden eingangs als Herausforderungen für die Open-Access-bezogene Kommunikation in ihren eigenen Einrichtungen benannten. Vor dem Hintergrund der Diskussion geclustert zeigt sich als Takeaway für die Kommunikation von Open Access in etwa dieses Erfahrungsbild :

Zielgruppen

  • Die Zielgruppen für die Open-Access-Kommunikation innerhalb einer Einrichtung sind nicht homogen und brauchen eine für sie adäquate Ansprache. Die große Frage ist, welche?
  • Besonders einsichtig ist dies in Bezug auf unterschiedliche Fachkulturen. Disziplinäre Unterschiede wirken auf die Fachkommunikation und das wissenschaftliche Publizieren und bestimmen damit auch, welcher Aspekt von Open Access wie gewichtet und wahrgenommen wird.
  • Innerhalb einer Organisation gibt es auch rollentypologische Besonderheiten. Open Access ist bekanntlich auch für Personen interessant, die nicht primär selbst publizieren und forschen, sondern diese Prozesse wissenschaftsadministrativ oder infrastrukturell begleiten. Dies sind naturgemäß Zielgruppen, die eine andere Form von Ansprache und Vermittlung erwarten.

Sichtbarkeit der Themen Open Access und Open Research

  • Bei der Sichtbarkeit ist interessant, dass sie in zwei Richtungen wirkt. Einerseits sollen die Themen in die Einrichtung hineinvermittelt werden. 
  • Andererseits spielen Open Access und Open Research auch als Profilierungspunkte oder einfach nur als selbstverständlicher Baustein der Aktivitäten der Hochschule oder Forschungseinrichtung eine Rolle. Die Kommunikation wirkt also auch nach außen auf die Zielgruppen, die die Hochschule beispielsweise für die Öffentlichkeitsarbeit oder das Recruiting erreichen möchte,
  • Sichtbarkeit ist notwendig mit dem Kriterium der Aufmerksamkeit verschränkt; Open Access soll nicht nur sichtbar sein, sondern auch gesehen werden. 
  • Die Sichtbarkeit kann durch klare, gut aufbereitete und in der Komplexität reduzierte Präsentationen erhöht werden. Idealerweise wird dies als eine wiederkehrende Praxis etabliert, was zu einer Normalisierung und Integration von Open Access und Open Research in der Organisation und auch für externe Stakeholder beiträgt.
  • Multiplikatoren können in beide Richtungen – nach innen und nach außen – erheblich zur Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit beitragen.

Komplexität

  • Im Zusammenhang mit den Zielgruppen ergibt sich die Abwägung, wie viel und welche Inhalte in welchem Umfang an wen vermittelt werden. Nicht alle Personen haben das Interesse und die Kapazitäten, sich umfassend in jeden Teil von offener Wissenschaft einzuarbeiten. Dies gilt insbesondere für historische und diskursive Linien. Häufig werden unmittelbar anwendbare Best Practices erwartet.
  • Gleichermaßen empfiehlt es sich, vor der Vermittlung abzuschätzen, über welches Vorwissen die Adressat*innen verfügen (können) und für welches Szenario sie Wissen benötigen. 
  • Eine Empfehlung ist, auf die Zielgruppen selbst zu hören, die Kommunikation also als Dialog zu sehen. In vielen Zusammenhängen können ein Vernetzung unter den Zielgruppen bzw. den Anwender*innen zielführender sein als eine formalisierte Schulung durch Expert*innen. Besonders für Alltagslösungen bewährt sich dieser Austausch informellen Anwendungswissens.
  • Generell ist für Alltagslösungen oft eine wechselseitige, gegebenenfalls auch institutionenübergreifende problembezogene “Schulung” im Sinne eines “Peer-to-Peer”-Lernens ein Ansatz, der formale Schulungen und Workshops ergänzen kann.
  • Der dialogische Ansatz ermöglicht es den Open-Access-Expert*innen zudem, ein fortlaufendes Bedarfs- und Kompetenzbild zu den Communitys in ihrer Einrichtung aufzubauen.

Inhalte und Terminologie

  • Die auf Open Access bezogene Terminologie der Kommunizierenden und das Verständnis bei den Zielgruppen kann erfahrungsgemäß nicht als deckungsgleich vorausgesetzt werden. Entsprechend empfiehlt es sich, auf eine gemeinsame Verständnisbasis hinzuwirken und sich auf die für das Szenario wesentlichen Punkte zu beschränken.
  • Zusammenhängend mit der vorausgehenden Antizipation des Open-Access-Wissens bei den Adressat*innen ist es sinnvoll, auch zum Beispiel domänen- oder fachspezifische Verständnisse von Open-Access-Begriffen zu berücksichtigen und diese zu verwenden. Dies lässt sich beispielsweise aus der Analyse der Strukturen ableiten, mit denen Publizierende in Kontakt kommen.

Wirksamkeit von Open Access aufzeigen

  • Besonders in Bereichen, in denen Open Access nicht selbstverständlich ist und teilweise mit Skepsis betrachtet wird, ist es notwendig, die Effekte von Open Access herauszustellen. Hier können Beispiele helfen, die möglichst nah am Handlungs- und Interessenbereich der Adressat*innen liegen.
  • Die entsprechenden Anwendungsfälle und Success Stories sind verständlich und plausibel wirken.
  • Für die zielgerichtete Kommunikation von Open Access gibt es gute Erfahrungen mit Visualisierungen (beispielsweise Verlaufskurven) und kurzen Zusammenfassungen beziehungsweise Excecutive Summarys.   
  • Es gibt in der Open-Access-Debatte eine intensive Diskussion um die Aussagekraft und die Grenzen von Quantifizierungsverfahren. Dennoch empfiehlt es sich in bestimmten Kommunikationsszenarien und für bestimmte Zielgruppen, klar mess- und abbildbare Aussagen zur Entwicklung von Open Access bereitzustellen. Ein entsprechendes Open Access Monitoring hilft, die dafür notwendigen Angaben zu erheben. 
  • Für Kommunikationen mit Organisationsbezug ist es wichtig, das Open-Access-Geschehen auch konkret auf die Anforderungen, Bedingungen und Effekte in der jeweiligen Organisation herauszustellen. Entscheider*innen betrachten Open Access naturgemäß aus der Perspektive der Auswirkungen auf die Organisation und bewerten auch übergeordnete Trends aus diesem Blickwinkel.

Open-Access-Kommunikationsstrategien

In der Veranstaltung wurden neben den bereits genannten Aspekten weitere Kommunikationsstrategien für Open Access benannt, die sich je nach Kommunikationsrahmen als zielführend erweisen. Dazu zählen:

  • Die Einführung und Etablierung anerkannter Bezugspunkte für Open Access, beispielsweise die Berliner Erklärung.
  • Die Identifikation und Aktivierung von Kooperationspartner*innen, also beispielsweise besonders aufgeschlossener Vertreter*innen der jeweiligen Zielgruppe in der Organisation. Diese können möglicherweise als Botschafter*innen und Multiplikator*innen gewonnen werden.
  • Generell empfiehlt sich auch innerorganisational der Aufbau und die Pflege eines Kontaktnetzwerks, das für Kommunikationen und Kommunikationsvermittlung aktiviert werden kann. Ein regelmäßiger und fortlaufender Austausch mit bestimmten Schlüsselakteur*innen ist ideal.  
  • Aus der Erfahrung sind informelle Netzwerke oft wirksamer als formalisierte Verbindungen. Vermutlich wird man beides brauchen. Es gab aber den Hinweis, dass es mitunter gerade hilft, “einfach einen Kaffee zu trinken”.
  • Erstrebenswert und nachhaltig ist die fortlaufende Einbindung von Open Access als Querschnittsthema in alle relevanten Domänen. Das Ziel ist, die punktuellen Erwähnung und Anschlüsse durch eine tiefere Einbindung in die organisationalen zu ersetzen. Bei Entwicklungsstrategien in der Institution sollten nach möglichst auch Aspekte der Offenheit (Open Access, Open Data, Open Source, Open Research) verankert werden.
  • Sowohl die Organisationen und ihre Ziele als auch ihre individuellen Interessen, Kompetenzen und Wahrnehmungen und schließlich auch die Open Access relevanten übergreifenden Rahmenbedingungen verändern sich. Förderprogramme, wissenschaftspolitische Weichenstellungen auch fachkulturelle Entwicklungen spielen ein große Rolle. Für die Kommunizierenden bedeutet dies, die Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen und Kommunikationen, Inhalte und Strategien agil anzupassen.
  • Wie bei allen Kommunikationen in organisationalen Settings ist es sinnvoll, die jeweilige Rolle der Kommunizierenden zu explizieren. Klare Rollen und Zuständigkeit ermöglichen einen eindeutigen situationsbezogenen Zuschnitt der Kommunikation.
  • Die Bibliotheken der Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen haben häufig bereits einen hohen Integrationsgrad von Open Access. Die dahinter stehenden Erfahrungen können in zwei Richtungen als Orientierung dienen: einerseits, wenn es darum geht, Open Access in andere Funktionseinheiten der Einrichtungen zu integrieren. Und andererseits, wenn das Ziel ist, weitere Aspekte von Openness, zum Beispiel offene Forschungsdaten oder eine Sensibilisierung für Open Research, zu vermitteln. 
  • Für die Kommunikation mit Forschenden und Publizierenden empfiehlt sich dagegen eine gezielte Vernetzung mit Forschungsabteilungen sowie gegebenenfalls Fakultäten oder Instituten.

Kommunikation ist also keineswegs trivial, bietet aber vielfältige Möglichkeiten und ist der zentrale Faktor, wenn Open Access und Open Research nicht nur als fakultatives Randphänomen sondern als integrierte Querschnittstransformation wirken sollen. Die Open-Access-Strategie des Landes Brandenburg hat bekanntlich letzteres als Ziel für die Wissenschaftseinrichtungen und insbesondere die Hochschulen im Land Brandenburg formuliert. Drei Aspekte sind jedoch neben all den Tipps und Tricks entscheidend: Es muss, erstens, entsprechend qualifizierte Personen, möglichst tatsächlich mehrere, in der Organisation geben, die Vermittlung und damit auch Kommunikation von Open Access und Open Research ausdrücklich in ihrem Tätigkeitsprofil haben. Diese müssen, zweitens, genug Zeit und Ressourcen erhalten, um Open Access auch in der Breite und in der Tiefe vermitteln. Und sie müssen, drittens, von der jeweiligen Leitungsebene der Hochschule auch eine umfassende Unterstützung in Form eines nachhaltigen Commitments zur Integration und Umsetzung der Open-Access-Transformation und dem Kulturwandel Richtung Open Research erhalten.

Wir von der Vernetzungs- und Kompetenzstelle überlegen, aus den oben genannten Punkten eine Fragestellung für einen Folgeworkshop abzuleiten. Da für die Open-Access-Beauftragten an den meisten Brandenburger Einrichtungen eine Umsetzung des Vollprogramms aus den zehn Tipps beziehungsweise den sechs Kommunikationsclustern kaum zu leisten ist, müssen sie auch für Kommunikation und Open-Access-In- und Outreach Schwerpunkte setzen. Wir würden daher gerne einen Vertiefungsworkshop zum Thema „Open Access Kommunikation priorisieren – Erfahrungen und Lösungsstrategien“ (Arbeitstitel) anbieten. Was halten Sie davon? Schreiben Sie uns Ihre Meinung und gern auch weitere Ideen und Anregungen: KONTAKT.