02.09.2022 | Jana Rumler

Brandenburger Open Access Monitoring startet mit OAM-Visualisierung

(Grafiken: Philipp Falkenburg)

Bedeutung des Open Access Monitorings

Seit vielen Jahren befindet sich die wissenschaftlichen Publikationslandschaft in Umbruchsphasen der Open Access-Transformation (PDF). Die nationalen Vertragsabschlüsse mit Wiley und Springer Nature im Rahmen des Allianzprojektes DEAL befinden sich aktuell im vierten bzw. dritten Jahr ihrer Laufzeit und werden derzeit durch die Hochschulrektorenkonferenz in einer erneuerten Verlängerungsphase auf nationaler Ebene verhandelt.

Die Auswirkungen dieser Verträge auf die Anzahl der Publikationen und deren Open Access-Zugänglichkeit sind auch für die teilnehmenden Brandenburger Einrichtungen erkennbar. Publikationsbasierte Abrechnungen und die Umstellung der Bezahlvorgänge (von subskriptions- zu publikationsbasiertem Kostenmodell) sind eine Folge. Neben den DEAL-Verträgen gibt es über verschiedene nationale konsortiale Lösungen aber auch direkte Verträge mit einzelnen Verlagen zahlreiche weitere zielgerichtete Transformationsempfehlungen, die sich sowohl auf die Geschäftsgänge der Bibliotheken und damit auch die Aufgabenprofile des Personals als auch auf die Etats auswirken. Generell ist ein Anwachsen der in Gold Open Access erscheinenden Zeitschriftenartikel zu beobachten.

Die Open Access Strategie des Landes Brandenburg positioniert sich ausdrücklich zum Monitoring der Open Access-Transformation,

„[u]m die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit von entwickelten Prozessen und Infrastrukturen, die Offenheit der Publikationsstruktur sowie die Erreichung der strategischen Ziele nachzufassen und den übergreifenden Strategieprozess für die durch den digitalen Wandel mögliche und beförderte Offenheit in Wissenschaft, Forschung und Kultur zu unterstützen […]“ (Strategie, S. 18).

Aus der Perspektive der Forschungsförderung und aus wissenschaftsstrategischer Sicht unterstützt so ein Monitoring die Wirkungsanalyse und Erfolgsmessung des wissenschaftspolitischen Ziels eines wachsenden Open Access-Anteils. Es kann ebenfalls als datenbasiertes Instrument für die strategische Weiterentwicklung von Maßnahmen der Open Access-Transformation dienen. Die Transparenz im Forschungszyklus, vor allem durch die mögliche Nachvollziehbarkeit neuer nachhaltiger Publikationsmodelle, wird im Fokus eines mehrschichtigen Monitorings für die vom Land Brandenburg geförderten Hochschulen stehen.

Visualisierung des Datenauszuges aus dem Open Access Monitor

Reports zu Publikationsaufkommen und -verteilung wissenschaftlicher Artikel insbesondere für Forschungsfördernde und Einrichtungsleitungen können relevant sein, um die Voraussetzungen und Maßnahmen für eine umfassende Open Access-Transformation evidenzbasiert zu verstehen und zu realisieren.

Die einrichtungsspezifischen Daten werden über den durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Open Access Monitor (OAM) für Deutschland, mit Sitz am Forschungszentrum Jülich, weltweit frei zugänglich angeboten. Begleitend stehen ausführliche bilinguale methodische und technische Beschreibungen des OAM zur Verfügung.

Die nachfolgende Analyse beruht auf der frei zugänglichen Datenquelle Unpaywall, die mit der bibliografischen Datenbank Web of Science der Firma Clarivate abgeglichen wird. Sie bezieht alle Publikationen aus den Jahren 2018–2022 ein, wenn sie in Unpaywall als sogenannte „journal-article“ gekennzeichnet sind, einen Digital Object Identifier (DOI) sowie im Web of Science eine*n korrespondierende*n Autor*in (Corresponding Author) einer Einrichtung im Land Brandenburg haben.

Bewertung der Datenquelle Web of Science

Die für die Datenaggregation genutzte Datenbank Web of Science verzeichnet die korrespondierenden Autor*innen. Allerdings sind diese Angaben hinsichtlich der Datenqualität differenziert zu betrachten: da im Einzelfall die Angabe zum Corresponding Author („Responsible Author“) fehlen kann oder in anderen Fällen mehrere Autor*innen im „Reprint Author“-Metadatenfeld eingetragen sind. Anderseits geben viele Autor*innen mehrere Affiliationen an, sodass die maßgebliche Hauptaffiliation bei der Einreichung („Submitting Author“) mit einer gewissen Unschärfe behaftet bleibt. Demzufolge kann die hier präsentierte Auswertung nur als Einschätzung der z.T. auch kostenpflichtigen Publikationen der Brandenburger Einrichtungen dienen.

Trotz dieser Differenzierungen ist offensichtlich, dass dem Open Access-Publizieren auch in Brandenburg eine wichtige Bedeutung in der wissenschaftlichen Kommunikation zukommt. Der Anteil am gesamten Aufkommen von wissenschaftlichen Zeitschriftenartikeln wuchs in den vergangenen Jahren vergleichsweise dynamisch. Weitere Publikationsgattungen wie Monografien und Artikel in Sammelwerken, die zunehmend Open Access gefördert werden und vor allem in den Geistes- und Sozialwissenschaften entstehen, werden in dieser aggregierten Datenzusammenstellung jedoch noch nicht berücksichtigt.

Für das Team der Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg stellt sich aufgrund der jetzigen Datenanalyse die Aufgabe, wie die Qualität der Daten für das Open Access Monitoring in Brandenburg verbessert werden kann. Es wird hierzu in einer Arbeitsgruppe mit den Open Access-Verantwortlichen der acht MWFK-geförderten Brandenburger Einrichtungen sowie weiteren externen Expert*innen Maßnahmenvorschläge erarbeiten und in Absprache mit den Einrichtungen veröffentlichen.

Visualisierung des Open-Access-Anteils an den Brandenburger Hochschulen für die Jahre 2018-2021.

 

Open-Access-Anteil der acht MWFK-geförderten Brandenburger Hochschulen nach Erscheinungsform, ermittelt aus dem Open Access Monitor, für die Publikationsjahre 2018-2021

Visualisierung des Open-Access-Anteils an den Brandenburger Hochschulen im Vergleich jeweils des 1. Halbjahrs 2021 und 2022. Nach der Datenlage stieg der Open-Access-Anteil insgesamt von 68,7% auf 75,24%.

Interpretation der Daten

Die Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg hat sich mit dem vorliegenden visualisierten Datenauszug entschieden, die Publikationszusammenhänge an den acht MWFK-geförderten Einrichtungen nicht unmittelbar anhand der einzelnen Wissenschaftsverlage und der absoluten Publikationsanteile in reinen Open Access-Zeitschriften darzustellen. Hierzu kann der OAM selbstständig (nach verschiedenen Publikationsjahren, Verlagsangaben etc.) mittels eines dynamischen Links auf die acht Brandenburger MWFK-Einrichtungen abgerufen werden.

Vielmehr wird, der OAM-Methodik folgend, die Art des Open Access (Diamond, Gold, Hybrid, Grün, Bronze) bzw. Closed Access im Bereich der Zeitschriftenpublikationen für die acht Brandenburger Einrichtungen in der Gesamtsicht der Jahre 2018–2021 abgebildet. Für die zeitliche Einordnung erfolgt ein Vergleich zum jeweils ersten Halbjahr der Jahre 2021 und 2022.

Das Ziel der Darstellung ist eine erste Orientierung zur Tendenz eines Ansteigens des Publizierens im goldenen Weg aufzuzeigen bei zeitgleichem Absinken des Closed Access-Anteils über die entsprechend betrachteten Jahre. Mit dem ersten Halbjahr 2022 sind demnach dreiviertel aller ausgewertetet Publikationen im Wissenschaftstkreislauf frei verfügbar. Auffällig ist die vergleichsweise höhere Anzahl aller Publikationen im ersten Halbjahr 2021 – nämlich 718 – im Vergleich zu den 513 Publikationen im ersten Halbjahr 2022. Dies bedeutet im direkten Vergleich einen Einbruch von fast einem Drittel an Publikationen. Über die Gründe hierzu lässt sich lediglich spekulieren. Die Indexierungsgenauigkeit der Verlage in die ursprünglichen Datenquellen Unpaywall und Web of Science, mit nachträglicher Einbindung in den OAM, ist inbesondere in Bezug auf das grüne Open Access und seiner Unterscheidungsformen zu beachten. Und ob es möglicherweise einen Corona-Effekt gibt (Anfang bis Mitte 2021 befand man sich noch in der sogenannten dritten Corona-Welle), wird man erst im Vergleich mit dem Gesamtjahr 2022 und darüber hinaus sagen können. Auch ist die Veränderung des diamanten Open Access-Anteils zu beobachten, da im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zu 2021 ein Rückgang um 0,7 % zu verzeichnen ist. Dies mag allerdings auch an den natürlichen Schwankungen eines insgesamt kleinen Segments liegen. 

Deutlich wird, dass selbst eine in der Fragestellung sehr übersichtlich gehaltene Datenauswertung eine Reihe von Anschlussfragen sowohl für das Open Access-Monitoring als auch die strategische Weiterentwicklung von Open Access-Maßnahmen aufwirft. Diese Fragen herauszuarbeiten, zu dokumentieren und in die Fachdiskussion einzubringen, wird ein Teil der zukünftigen Arbeit der Vernetzungs- und Kompetenzstelle sein. Wir freuen uns jederzeit über Anregungen, Hinweise und Rückfragen: KONTAKT.