09.06.2023 | Ben Kaden
In dieser Woche wurden auf der 16. Berliner Open-Access-Konferenz der Max-Planck-Gesellschaft die aktuellen Leitlinien des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Länder präsentiert. Für uns als Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg, als eine Landesinitiative für Open Access, ist das Open Access in Deutschland betitelte Dokument naturgemäß sehr einschlägig und eine wichtige Ergänzung zur Open-Access-Strategie des Landes Brandenburg aus dem Jahr 2019.
Eine erste kurze Zusammenfassung findet sich im Wisspub.net-Blog von Heinz Pampel: Bund und Länder legen Leitlinien zu Open Access vor, der uns damit bereits die Arbeit der Formulierung der „Takeaways“ abgenommen hat. Daher wollen wir die Chance nutzen, die Entwicklungen im Land Brandenburg mit dem Leitlinienpapier in Beziehung zu setzen.
Die wichtigste Erkenntnis für uns und auch das Land Brandenburg dürfte sein, dass die Vernetzungs- und Kompetenzstelle (VuK) an entscheidenden Stellen nahtlos an die im Dokument für die Rolle der Länder formulierten Ziele anschließt. Zugleich deutet das Papier denkbare Ergänzungen zu unseren aktuellen Zielen an. So heißt es im Abschnitt 1 zur Unterstützung der Open-Access-Transformation durch den Bund und die Länder:
„Bund und Länder wollen den Wandel zu Open Access kommunikativ begleiten und das Verständnis für Zusammenhänge in der Transformation bei den beteiligten Akteuren und Akteurinnen schärfen. Zudem wollen sie mit ihrer langfristigen Unterstützung des Transformationsprozesses wesentlich dazu beitragen, dass der Anteil an frei zugänglichen wissenschaftlichen Erkenntnissen deutlich gesteigert wird.“
Mit dem Publikationsfonds für Open-Access-Monografien hat das Land Brandenburg bereits ein äußerst wirksames Werkzeug etabliert. Die Zahl der Open-Access-Bücher, die an den Hochschulen des Landes entstehen, wächst.
Zugleich entstehen Workflows und ein komplexes Prozesswissen, wovon alle Beteiligten, also Autor*innen, Hochschulen, Hochschulbibliotheken, Verlage und natürlich auch die Wissenschaftspolitik des Landes, unmittelbar profitieren.
Eine Kostentransparenz (vgl. Punkt 7 der Leitlinien) wird mit dem Fonds umgesetzt: Dank der bei OpenAPC hinterlegten Kostendaten stehen Orientierungswerte zu Open-Access-Kosten zur Verfügung, die den involvierten Akteuren und Institutionen oder Landesinitiativen, die mit der Einrichtung ähnlicher Fonds befasst sind, eine Kalkulationsorientierung bieten.
Die in den Leitlinien angeregte kommunikative Begleitung und der Aufbau eines umfassenderen Verständnisses für die Transformationskontexte erfolgt bei der VuK zunächst fokussiert auf die Stakeholdergruppe der Hochschulen und Universitäten des Landes. Im Nebeneffekt wirkt dieses Angebot dank des daraus entstehenden Netzwerkes, des Publikationsfonds und zunehmend auch des Monitorings auch darüber hinaus.
Die in den Leitlinien ebenfalls erwähnte „wichtige Rolle der Hochschul- und Einrichtungsleitungen in ihrer strategischen Verantwortung bei der Transformation hin zu Open Access“ ist spätestens seit der Verabschiedung der Landesstrategie nachhaltig im Bewusstsein der entsprechenden Akteur*innen gegenwärtig. Die Arbeit der VuK besteht in dieser Hinsicht primär darin, beratend und durch den Fonds und das Monitoring auch gezielt unterstützend dieses Bewusstsein in konkrete Maßnahmen übersetzbar zu machen.
Bei anderen Aspekten wie beispielsweise der „Gestaltung rechtlicher Rahmenbedingungen“ (Punkt 2) kann die VuK zwar nur vermittelnd und erklärend aktiv werden. Sie kann dabei jedoch auf die am Lehrstuhl Open Access/Open Data an der Fachhochschule Potsdam vorhandene Expertise zurückgreifen, da die Lehrstuhlinhaberin, Ellen Euler, zugleich die wissenschaftliche Leitung der VuK innehat. Durch diese Kombination eröffnen sich zusätzliche Schnittmengen und Potentiale mit einer auf Open Access und Open Science orientierten bibliothekswissenschaftlichen Forschung. Die vorwiegend auf die Vermittlung von Handlungskompetenz orientierte VuK erhält dadurch eine systematische und methodische wissenschaftliche Grundierung. Dieses Modell einer direkten Wechselwirkung von Open-Access-Umsetzungspraxis und -Forschung erweist sich als sehr wirksam.
Ein zukünftig sicher weiter an Relevanz gewinnender Schwerpunkt wird in den Leitlinien unter Punkt 5 benannt:
„[Bund und Länder] unterstützen die Bestrebungen, die Reputationssysteme in der wissenschaftlichen Welt zu modifizieren und die Forschungsbewertung weiterzuentwickeln. In Zukunft sollte im Rahmen von Evaluationsprozessen die Bewertung der Inhalte einzelner Artikel der pauschalen Qualifizierung der diese Forschung publizierenden Zeitschriften vorgezogen werden. Bund und Länder ermutigen die akademischen Einrichtungen, die DORA-Deklaration zu unterzeichnen und in diesem Sinne zu handeln.“
Sowohl die Vernetzungs- und Kompetenzstelle als auch die Einrichtungen des Landes streben mittlerweile deutlich in diese Richtung.
Ein weiterer Punkt – 9. Publikationen staatlicher Akteure – ist sogar bereits explizit unter der Überschrift „Offenheit als Best Practice vorleben“ in der Open-Access-Strategie des Landes verankert, in der es heißt:
„Wer Open Access einfordert, muss mit gutem Beispiel vorangehen. Das MWFK wird die Möglichkeiten prüfen, veröffentlichte Dokumente, einschließlich Fotos, Videos, Berichte, Strategiepapiere etc. im Open Access, frei lizenziert, gut erschlossen und mit eindeutiger Referenz über ein Repositorium zur Verfügung zu stellen.“ (S. 16)
Erst unlängst konnten wir das Thema bei einem Treffen mit der Parlamentsdokumentation und der Bibliothek des Landtags Brandenburg noch einmal stark machen. Nach reiner Zugänglichkeit sind viele Materialien dort bereits de facto Open Access. So stellt der Parlamentarische Beratungsdienst zahlreiche Dokumente über SSOAR zur Verfügung. An den ergänzenden Anforderungen wie Persistent Identifier, Lizenzierung und übergreifender Findability wird gearbeitet.
Zum Abschluss kann bei Punkt 8. Vielfalt fördern, Marktkonzentration verringern noch einmal auf den Publikationsfonds verwiesen werden. Auch wenn Bibliodiversität schwer als Förderkriterium formalisierbar ist, wird dieser Anspruch immer mitgedacht. Und wenn man die Vielfalt der Verlage, in denen die geförderten Titel erscheinen, ansieht, erkennt man, dass er sich erstaunlich gut einlöst.