16.07.2025 | Ben Kaden

OA-Takeaways: Offene Zitationsdaten für die Rechtswissenschaft

Ein Zentralbaustein zum Verständnis der Open-Access-Transformation ist das Monitoring. Die Landesinitiative für Open Research in Berlin betreibt ein solches mit Blick auf Berlin. Wir hier in Brandenburg machen etwas ähnliches. Am Forschungszentrum in Jülich wird der Open Access Monitor mit einer bundesweiten Perspektive betrieben. 

Die Qualität eines solchen Monitorings hängt von den verfügbaren Publikationsdaten ab. „Die Metadatenqualität bleibt eine beständige Herausforderung, gleiches gilt für das Thema der Verfügbarkeit und Nachhaltigkeit der angebundenen Quellsysteme.“ – hieß es in einem Werkstattbericht zum Thema. (Franziska Stanzel, Irene Barbers, Philipp Pollack, Barbara Lindstrot (2022): Big Scholarly Data im Open Access Monitor: ein Werkstattbericht. LIBREAS. Library Ideas, 41. https://libreas.eu/ausgabe41/stanzel/ bzw. DOI 10.18452/24797)

Auch das Brandenburger Open-Access-Monitoring zeigte, dass die üblichen Datenquellen Web of Science oder Scopus bei weitem kein vollständiges Bild des Publikationsaufkommens nachweisen. Entsprechend lassen sich auf diesen Datengrundlagen allein gegebenenfalls Tendenzaussagen, aber keinesfalls belastbare Einschätzungen für ein Open Access Monitoring treffen. (vgl. Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg, & AG Open Access Monitoring Brandenburg. (2024): Open Access Monitoring Brandenburg (OAMBB). Zenodo. DOI: 10.5281/zenodo.10666013 S. 23f.)

In einer aktuellen Analyse haben sich nun Christian Boulanger, Daniel Fejzo und Christine Rimmert in der Max Planck Institute for Legal History and Legal Theory Research Paper Series mit der Herausforderungen einer bibliometrischen Erhebung von Publikationszahlen für die Rechtswissenschaft befasst. (Christian Boulanger, Daniel Fejzo, Christine Rimmert (2025): Law Doesn’t Count? Measuring Bibliometric Coverage of German Law Journals. MPILHLT Research Paper Series No. 2025-10. DOI: 10.2139/ssrn.5350481)

Ihre Ergebnisse bestätigen unseren Eindruck: Die Abdeckung von rechtswissenschaftlicher Fach- und Forschungsliteratur in den üblichen internationalen Nachweisdatenbanken ist äußerst gering. Für das Brandenburger Monitoring ist dies besonders von Belang, weil sowohl an der Universität Potsdam als auch an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder rechtswissenschaftliche Forschungsschwerpunkte existieren, an denen sowohl ganz klassisch als auch Open Access publiziert wird.

Für ihre Auswertung untersuchten die Autor*innen, wie gut ein Benchmark-Set von 51 deutschen rechtswissenschaftlicher Zeitschriften in den drei für bibliometrische Datenbanken Web of Science, Scopus und Open Alex abgebildet wird. Während Web of Science keine und Scopus wenige Resultate liefern, lassen sich beim deutlich inklusiveren OpenAlex immerhin 32 der 51 Zeitschriften finden. 

Für die fehlende Erschließung benennt das Forschungspapier drei Gründe:

  • Reichweite der Fachkultur: Rechtswissenschaften sind dann, wenn sie sich auf nationale Rechtsordnungen beziehen, notwendigerweise auch national spezifisch. Das internationale Interesse und damit auch das Interesse amerikanischer Datenbankanbieter ist also vornherein überschaubar. 
  • Publikationsformen: Web of Science und Scopus erfassen nur Literatur, die sehr spezifischen Ansprüchen an Peer Review und wissenschaftliche Publikationsmodelle entspricht. Dies benachteiligt Fach- und Publikationskulturen, in denen andere Publikationsmodelle und Begutachtungsformen dominieren und damit auch große Teile der deutschen Rechtswissenschaft.
  • Fehlende DOI: Einige der führenden und damit auch publikationsstärksten Verlage für rechtswissenschaftliche Zeitschriften in Deutschland vergeben keine Digital Object Identifiers (DOI). Damit ist eine Grundbedingung einer eindeutigen Maschinenlesbarkeit für die Indexierung von Inhalten in international bibliografischen Nachweisdatenbanken nicht erfüllt.

Dazu addiert sich, dass Publikationen die a) in nicht-westlichen Ländern publiziert werden, b) nicht auf Englisch sind und c) aus dem Fächerspektrum der Sozial- und Geisteswissenschaften stammen, strukturell in Web of Science und Scopus benachteiligt werden. (vgl. Jonathan Tennant, 2020, March 12: Web of Science and Scopus are not global databases of knowledge. DOI: 10.31235/osf.io/qhvgr) Für die Autor*innen der Max-Planck-Studie sind allerdings die drei benannten Gründe ausschlaggebender. 

In ihrem Ausblick betonen sie folgende Aspekte:

  • Mehr Forschung: Eine stärkere Forschung zur rechtswissenschaftlichen Erkenntnisproduktion ist dringend notwendig. Bibliometrische Analysen können dafür eine empirische Basis bilden.
  • Konzentration auf OpenAlex: Die Forschung sollte nicht von den dominanten kommerziellen Anbietern abhängen. Vielmehr gilt es, offene Angebote wie OpenAlex auszubauen. Auch wenn die dortige Datenbasis ebenfalls noch nicht befriedigend ist, erscheint es sinnvoll sich stärker auf dieses Angebot zu konzentrieren und die Datenqualität sowie die Abdeckung nach Möglichkeit auszubauen. Die juristischen Fachverlage könnten dies mit einer Ablieferung standardisierter maschinenlesbarer Daten an Crossref aktiv unterstützen. 
  • LLM für Open Data: Schließlich setzen die Autor*innen auf Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz bzw. Large-Language-Modellen, die mit einer automatischen Extraktion von Referenzen dabei helfen können, so ermittelte Zitationsstrukturen als Open Data verfügbar zu machen.