16.06.2023 | Ben Kaden

OA-Takeaways: Die Abschlusserklärung der 16. Berlin Open Access Conference (06. und 07. Juni 2023)

Vor einigen Tagen – am 06. und 07. Juni 2023 – fand im Harnack-Haus in Berlin-Dahlem die 16. Berlin Open Access Conference statt. Die Veranstaltung für internationale „Stakeholder und Entscheidungsträger der wissenschaftlichen Kommunikation“ (vgl. hier) wurde wie auch die Vorauflagen von der OA2020-Initiative der Max Planck Digital Library und Max-Planck-Gesellschaft durchgeführt. Das 20. Jubiläum der Berliner Erklärung gab der Veranstaltung in gewisser Weise ein besonderes ideelles Gewicht und fand entsprechend auch und wieder am historischen Ort statt.

Nicht unpassend bewegen sich solche Veranstaltungen naturgemäß auf einer sehr programmatischen Flughöhe. Eine Konkretisierung des Programms gab es. Diese lag bei diesem Durchgang auf Transformationsverträgen, rückte also die Beziehung zwischen Wissenschaftsinstitutionen und wissenschaftlichen Verlagen ins Zentrum und fokussierte damit betont auf, wenngleich transformierte, traditionelle Publikationsstrukturen als Leitform für Open Access. Der Ansatz geht nach wie vor von klassischen Verlagsmodellen aus, für die jeweils primär neue Finanzierungsmodi ausgehandelt werden. Problempunkte werden offenbar vor allem im Predatory Publishing und den damit einhergehenden Beschädigungen der Wissenschaftsintegrität gesehen.

Wir können wenig über die Veranstaltung selbst sagen, da wir nicht geladen und daher auch nicht vor Ort waren. Was wir aber als Takeaway festhalten können, sind die Eckpunkte der Abschlusserklärung

  1. 1. Der Übergang zu Open Access muss global deutlich beschleunigt werden. (The global open access transition must advance at a far greater pace.) Das Mittel der Wahl sind dabei Transformations- und ähnliche Übergangsverträge. Verlage sind gehalten, solche als Standard anzubieten und sich schnell und umfänglich selbst aktiv in die Transformation einbringen.

2. Das wissenschaftliche Publizieren muss gerecht und inklusiv sein. (Inequity is incompatible with scholarly publishing.) Durch die Umstellung vom Subskriptions- bzw. Paywall-Modell auf Open-Access-Modell dürfen keine neuen Ungleichheiten für die Teilhabe an Wissenschaft und ausdrücklich auch Open Science entstehen. Man betont die Rolle der disziplinären, forschungsthematischen und publikationssprachlichen Inklusivität und spricht sich für ein so genanntes Geopricing aus, also einer je nach Kontext der Publizierenden differenzierten Preisgestaltung. In jedem Fall muss die Preiskalkulation für die Verlagsdienstleistungen „fair, transparent, erschwinglich und nachhaltig“ sein.

3. Die akademische bzw. wissenschaftliche Selbstverwaltung ist für das wissenschaftliche Publizieren unumgänglich. (Academic self-governance is an imperative in scholarly publishing.) Die Konferenz spricht sich für eine klare Trennung der Prozesse der wissenschaftlichen Qualitätssicherung von den Verlagsdienstleistungen aus. Die redaktionelle Unabhängigkeit muss in jedem Fall gewahrt bleiben. 

4. Die Rechte der Autor*innen müssen vollständig bei diesen bleiben. (Author choice and author rights must be fully enabled.) Die Konferenz fordert, dass die Autor*innen den Verlage nur ein einfaches, also nicht-exklusives (bzw. nicht-ausschließliches) Nutzungsrecht übertragen können. Sie sollen als Standardauswahl möglichst offene Lizenzen, also CC-BY verwenden können. Restriktive Lizenzen sollen ausschließlich im Zusammenhang mit disziplinären Anforderungen zum Einsatz kommen. Die Autor*innen sollen also gegenüber den Verlagen eine Lizenzvergabe-Autonomie behalten. Die Lizenz soll keinen Einfluss auf eventuelle Publikationsgebühren haben.

Zum Ausklang des Berliner OA-Statements des Jahres 2023 werden die Wissenschaftsverlage aufgefordert, aktiv das Vertrauen in ihrer Produkte bzw. die Integrität der wissenschaftlichen Kommunikation wiederherzustellen. Die Wege dafür sind denkbar abstrakt: umfassende Kooperation mit der globalen Wissenschaftscommunity (global research community) sowie die sofortige Umstellung auf Open Access durch die vier benannten Punkte. Diese wären: eine beschleunigte Transformation, eine differenzierte und inklusive Preisgestaltung, die Trennung von wissenschaftlicher Qualitätssicherung und den verlegerischen Prozessen sowie die uneingeschränkte Zuerkennung einer Lizenzierungsautonomie für alle Publizierenden. 

Zur Diskussion darüber, ob diese Fokus 20 Jahre nach der Berliner Erklärung die zentralen Maßnahmen zur Umsetzung einer ganzheitlichen Open-Access-Transformation sein werden, wird es sicher in diesem Jahr noch genug Gelegenheit geben.