28.08.2025 | Ben Kaden

OA-Takeaways: Zum Stand der Publikationskostenerfassung in Deutschland

Das wissenschaftliche Publizieren und damit auch das Open-Access-Publizieren ist für die Hochschulen nicht zuletzt eine finanzhaushälterische Angelegenheit. Lange Zeit war das Thema auf die Erwerbungsmittel der Bibliotheken für Subskriptionen von Zeitschriften, später auch Datenbanken, und Bücher gut eingrenzbar. Das digitale Publizieren sorgte für eine Erweiterung der Geschäftsmodelle, führte zu Phänomenen wie Content-Bundles und der Lizenzierung des Zugangs anstatt des Erwerbs für einen Bestand. Insbesondere mit Gold-Open-Access und dem Aufkommen von Publikationsgebühren folgte eine noch grundsätzliche Veränderung der Finanzstrukturen: Statt für die Publikationen als Bestandsobjekte oder den Zugang zu diesen verlagern sich bei gebührenfinanziertem Open Access die Kosten von den Nutzenden der Inhalte auf die Publizierenden. Sowohl die Wissenschaftler*innen als auch die Hochschulen müssen darauf reagieren, was zu unterschiedlichen Finanzierungs- und Fördermodellen, Stichwort Publikationsfonds, führte. 

Eine Auswirkung dieser Entwicklung ist eine neue Komplexität, manche sprechen auch von einer neuen Unübersichtlichkeit, bei den Kostenstrukturen. Ein Lösungsvorschlag sind so genannte Informationsbudgets (vgl. Pampel, 2019), mit denen in den Einrichtungen sämtliche Kosten sowohl für die wissenschaftliche Informationsversorgung (in der Regel Erwerbungsmittel) als auch das Publizieren (also in der Regel Publikationsgebühren) zentral erfasst werden. Dies wird auch deshalb notwendig, weil Publikationskosten oft direkt über Förderprogramme und Drittmittel und nicht über zentrale Finanzierungsangebote der jeweiligen Institution gedeckt werden. Informationsbudgets sollen für eine größtmögliche Kostentransparenz sorgen. Das ist nicht allein aus haushälterischen Gründen relevant, sondern auch, um in der Aggregation idealerweise eine übergreifende Kostenübersicht zur Open-Access-Transformation zu entwickeln und damit auch Finanz- und Förderbedarfe prospektiv besser abschätzen zu können.

In einem aktuellen Studie von Dorothea Strecker, Heinz Pampel, Jonas Höfting (2025), die im Rahmen des DFG-Projekts „OA Datenpraxis“ entstand, gibt es einige empirische Einsichten zum Stand einer solchen integrierten Publikationskostenerfassung. Die Erhebung adressierte per Fragebogen ein nahezu Gesamtbild der Universitäten, Fachhochschulen, außeruniversitäre Forschungsinstitute und, teils, Ressortforschungseinrichtungen in Deutschland (n=583). Der Rücklauf lag bei fast 45% (n=258), mit einer starken Konzentration auf Bibliotheken. Das zeigt in gewisser Weise, wie sehr das Thema, obwohl es auch andere Abteilungen und Bereiche der Hochschulverwaltung und Wissenschaftsinfrastruktur betrifft, nach wie vor hauptsächlich in den Bibliotheken liegt und eine Aktivierung anderer Stakeholder-Gruppen nur bedingt gelingt. Zwar betonte beispielsweise auch der Wissenschaftsrat in seinen Empfehlungen zu Informationsbudgets aus dem Jahr 2022 die zentrale Zuständigkeit der Bibliotheken. (Wissenschaftsrat, 2022, S. 66) Er verortete die strategische Verantwortung zugleich jedoch „bei der Leitung der jeweiligen Einrichtung [..] z. B. beim Forschungsprorektorat“. (ebd., S.76) 

Takeaways

  • Informationsbudgets sind nach wie vor eine Sache der Zukunft.
    Die offensichtliche zentrale Erkenntnis der Studie ist, dass der Weg zu einer Publikationskostentransparenz und damit auch zu weithin etablierten Informationsbudgets aller Voraussicht nach ein längerer sein wird. Aktuell liegt der Schwerpunkt vieler lokaler Maßnahmen auf der Vorstufe des Monitorings und der Erfassung des Publikationsaufkommens an sich, wobei sich auch dieser Schritt momentan häufig erst in der Planung oder frühen Implementierung befindet.
  • Publikationskostentransparenz ist notwendig.
    Zugleich scheint die Bedeutung des Themas Kostentransparenz insbesondere auch für die strategische Weiterentwicklung an den Einrichtungen unstrittig zu sein.
  • Publikationskosten werden aktuell nur sehr eingeschränkt erhoben. 
    Aktuell nimmt jedoch nur etwas mehr als ein Viertel der rückmeldenden Einrichtungen auch die Kosten in den Blick. Als konkretes Ziel eines systematisierten Überblicks zu den Publikationskosten an sich ist bei knapp 44 % dieser Einrichtungen in der Planung.
  • Das Vorgehen zur Kostenmessung ist heterogen.
    Wie die Einrichtungen das Thema angehen, ist heterogen und in der Priorisierung teils auch kontingent. So werden Publikationskosten bei einem Drittel der rückmeldenden Einrichtungen dezentral und teils auch in unterschiedlichen Systemen erfasst.
  • Publikationsfonds sind Schlüsselmaßnahmen der Open-Access-Transformation.
    Publikationsfonds sind mittlerweile an sehr vielen Einrichtungen etabliert (74 % ), stützen maßgeblich die Open-Access-Transformation und lassen sich auch vergleichsweise gut monitoren. Das bedeutet allerdings nicht, dass damit auch alle Kostenbedarfe gedeckt und Kostenströme erfasst werden.
  • Es braucht standardisierte Workflows.
    Ein Desiderat scheint in der Standardisierung und Implementierung von Workflows für das Kostenmonitoring zu liegen. 
  • Es braucht möglicherweise auch neue digitale Tools.
    Auch spezielle Software lässt sich zu den Desideraten zählen. In der Regel werden andere digitale Werkzeuge dazu mitgenutzt. Verlagsdashboards spielen ebenfalls eine Rolle. Für die Publikationsdaten an sich werden nicht selten Bibliotheksmanagementsysteme und die entsprechenden Möglichkeiten der Repositoriensoftware genutzt.
  • Es braucht mehr Sensibilisierung außerhalb der Bibliotheken.
    Eine stärkere Sensibilisierung der Leitungsebenen für das Thema ist zweifellos geboten. Die Open-Access-Transformation ist ein übergreifender Prozess sowie zugleich auch ein Kostenfaktor, der lokal wirkt und entsprechend bei strategischen Entscheidungen berücksichtigt werden muss. 
  • Es braucht professionelle Weiterentwicklung.
    Generell wird der Erfolg von Informationsbudgets bzw. einem transparenten und umfassenden Kostenmonitoring auch mit weiteren Professionalisierungsschritten sowie der Methoden- und Werkzeugentwicklung verbunden sein. Für die bibliothekswissenschaftliche Forschung lassen sich damit eine Reihe von Forschungsfragen und -themen identifizieren. 
  • Es braucht, und gibt teilweise, transparente Datenstrukturen.
    Offene Normdaten (ORCID, ROR u. Ä.) und offene Nachweissysteme (vor allem OpenAlex) sind grundlegende Datenbausteine für die Entwicklung von institutionell differenzierbaren Publikationsnachweis- und -kostenerfassungslösungen.
  • Es braucht beratende, koordinierende und unterstützende Initiativen. 
    Viele Einrichtungen werden für das Ziel der Etablierung von Informationsbudgets begleitende Maßnahmen und externe Expertise benötigen, was möglicherweise über übergreifende Initiativen oder auch, so wenig überraschend unsere Position, Landesinitiativen unterstützt werden kann.

Literatur

Heinz Pampel, Najko Jahn, Roland Bertelmann, Wolfram Horstmann, Laura Rothfritz, Lea Maria Ferguson, Birgit Schmidt, Anna Stisser (2024): Datenpraxis zur Gestaltung der Open-Access-Transformation – Analyse, Empfehlung, Training & Vernetzung (OA Datenpraxis). Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.10794298

Heinz Pampel (2019): Auf dem Weg zum Informationsbudget: zur Notwendigkeit von Monitoringverfahren für wissenschaftliche Publikationen und deren Kosten; Arbeitspapier, Potsdam: Helmholtz Open Science Koordinationsbüro. https://doi.org/10.2312/os.helmholtz.006

Dorothea Strecker, Heinz Pampel, Jonas Höfting: Erfassung von Publikationskosten an wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland. In: Bibliothek Forschung und Praxis, Vol. 49, Nr. 2, 2025, S. 267-286. https://doi.org/10.1515/bfp-2025-0008

Wissenschaftsrat (2022): Empfehlungen zur Transformation des wissenschaftlichen Publizierens zu Open Access; Köln. https://doi.org/10.57674/fyrc-vb61