06.08.2025 | Ben Kaden

OA-News: Mecklenburg-Vorpommern hat eine Landesstrategie für Open Access veröffentlicht

Es gibt einen neuen Meilenstein der Förderung der Open-Access-Transformation auf der Ebene der Bundesländer. Denn im Juli legte das Land Mecklenburg-Vorpommern eine eigene landesbezogene „Open-Access-Strategie für Wissenschaft und Forschung in Mecklenburg-Vorpommern“ vor, in der Open Access als „eine zentrale Säule der digitalen Transformation der Hochschulen und von Wissenschaft und Forschung insgesamt“ verstanden wird.

Die Strategie liest sich durchaus ambitioniert und setzt auf fünf strategische Ziele:

  1. 1. Stärkung und strukturelle Verankerung einer innovativen Kultur der Offenheit in Wissenschaft, Forschung und im kulturellen Sektor in Mecklenburg-Vorpommern

  2. 2. Vorantreiben der Reform der Wissenschaftsbewertung und Etablierung offener Forschungsinformationen

  3. 3. Freie Zugänglichkeit möglichst aller wissenschaftlichen Publikationen von Angehörigen der öffentlich geförderten Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen im Land

  4. 4. Aufbau und Unterstützung von sowie Beteiligung an wissenschaftsgetragenen Publikationsinfrastrukturen ohne Kosten für Autorinnen und Autoren sowie Leserinnen und Leser (sogenannte Diamond-Open-Access-Modelle)

  5. 5. Verbesserte Sichtbarkeit, Auffindbarkeit und (Nach-)Nutzbarkeit der wissenschaftlichen Ergebnisse und digitaler Kulturobjekte im Land Mecklenburg-Vorpommern und damit Stärkung des Wissenstransfers in Wirtschaft und Gesellschaft (Third Mission) sowie der Innovationsfähigkeit des Landes

Es wären viele Punkte herauszuheben, weshalb sich eine vollständige Lektüre lohnt. Einige Aspekte stechen sofort heraus. So wird die Open-Access-Transformation in einer integrativen Ausrichtung ausdrücklich mit der Entwicklung von Open Science einerseits und der Digitalisierung und Nachnutzbarmachung des kulturellen Erbes andererseits verbunden (vgl. S. 9). Damit ist die Open-Access-Strategie also ausdrücklich auf Anschlussfähigkeit jenseits der Transformation traditioneller Publikationsformen ausgerichtet. Die Perspektive einer übergreifenden Digitalisierungs- bzw. Open-Science- oder Open-Research-Strategie wird ausdrücklich benannt. Die vorliegende Strategie ist folglich auch ein Zwischenschritt in diese Richtung. Sie stellt außerdem den Ansatz des auch als „Third Mission“ benannten erweiterten Engagements von Hochschulen heraus, bei dem diese explizit aktiv und gezielt eine Rolle zur Adressierung außerwissenschaftlicher, also „gesellschaftlicher, kultureller und wirtschaftlicher Herausforderungen“ wahrnehmen (S. 20f). Auch das ist ein wichtiger aktueller Trend, der zugleich an das Grundanliegen der Open-Access-Bewegung anschließt:

Open Access ist hierbei von entscheidender Bedeutung, da es den freien Zugang  zu wissenschaftlichen Erkenntnissen ermöglicht und so den Transfer in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik beschleunigt. Dies trägt maßgeblich zur Lösung  globaler und lokaler gesellschaftlicher Herausforderungen bei. Die enge Verbindung von Open Access mit anderen Transferprozessen intensiviert die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und ihren gesellschaftlichen Partnern und fördert eine stärkere Einbindung der Wissenschaft in die Gesellschaft sowie eine informierte Öffentlichkeit und damit evidenzbasierte politische Entscheidungen. (S. 21)

Die Berliner Erklärung aus dem Jahr 2003 hatte Open Access als neues Paradigma der Wissenschaft bekanntlich mit dem Ziel „to gain the most benefit for science and society“ ausgerufen. Genau dieser Gedanke findet sich nun also elaboriert und ausdifferenziert wieder.

Zum Erreichen der strategischen Ziele formuliert die Strategie konkrete Maßnahmen, die sich an die vier Akteursgruppen (1) das Land Mecklenburg-Vorpommern, (2) die zwei Universitäten (Rostock, Greifswald) und vier staatlichen HAW (Neubrandenburg, Stralsund, Wismar, Rostock) des Landes, (3) die Hochschulbibliotheken sowie (4) die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Landes richten. Diese Maßnahmen greifen erwartungsgemäß die wichtigen Entwicklungen der vergangenen Jahre wie Diamond Open Access und wissenschaftsgetragene Publikationsstrukturen, die Brücke zu Forschungsdaten, Forschungsinformationssysteme, Informationsbudgets sowie Künstliche Intelligenz auf. Die progressive Strategie betont außerdem die Notwendigkeit einer Neugestaltung von Forschungs- und Wissenschaftsbewertung – auch im Kontext von Berufungsverfahren – und setzt auf die aktive, transformative Partizipation aller Akteure.

Aus Sicht von uns als Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg fällt zudem sehr positiv auf, dass man in Mecklenburg-Vorpommern auch die Einrichtung einer „Servicestelle ‚Open Science'“, also einer Art Landesinitiative in Betracht zieht (S. 22). Aus unserer Sicht und aus den Erfahrungen mit den anderen Landesinitiativen ist dies einerseits zur Koordination und Steuerung der Maßnahmen ins Land hinein sehr wichtig. Andererseits eröffnet so ein dedizierter Anlaufpunkt großartige Möglichkeiten der länderübergreifenden Kooperation und des Erfahrungs- und Expertisetransfers, von dem am Ende Open Access und die Open-Access-Transformation in Deutschland insgesamt profitieren.

Ministerium für Wissenschaft und Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten Mecklenburg-Vorpommern: Open-Access-Strategie für Wissenschaft und Forschung in Mecklenburg-Vorpommern. Juli 2025. DOI: 10.18453/rosdok_id00004864