15.02.2022 | Ben Kaden

OA Interviews 2: Friederike Borchert (TH Wildau) über die digitale Fokusgruppe „Fachhochschulbibliotheken“

Text: Philipp Falkenburg (Studentischer Mitarbeiter der Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg)

 

 

Die kürzlich gegründete Fokusgruppe “(Fach-)Hochschulbibliotheken” des BMBF-geförderten Projekts open-access.network beginnt am 16. Februar 2022 mit dem ersten Treffen ihre produktive Arbeit. Wir nahmen das als Anlass, um vorab kurz mit Hannah Schneider, Ansprechperson für diese Fokusgruppe im Projekt, sowie mit Friederike Borchert, eine der Mitinitiator*innen aus der bibliothekarischen Praxis, über die Ziele und Aufgaben der Fokusgruppen und speziell der Fokusgruppe für Fachhochschulbibliotheken zu sprechen.

 

Friederike Borchert ist Mitarbeiterin der Hochschulbibliothek der Technischen Hochschule Wildau und dort zuständig für Open Access und Publikationsdienste. Im Rahmen ihrer Tätigkeit für ihre Einrichtung wird sie die Entwicklung der Fokusgruppe verfolgen und an Treffen teilnehmen. Das ist ihr wichtig, da sie insbesondere die Vernetzung von Hochschulbibliotheken auf überregionaler Ebene als ausbaufähig ansieht und sich davon einen Informationsaustausch über Aktivitäten anderer Einrichtungen gleicher Art verspricht.

 

Besondere Herausforderungen bei Open Access in Fachhochschulbibliotheken

 

Als Erstes fragte ich sie, warum es überhaupt eine Fokusgruppe mit einem solchen Themenzuschnitt benötigt und was die besonderen Herausforderungen von (Fach-)Hochschulen ausmacht. In ihrer Antwort verwies Friederike Borchert darauf, dass die Forschungsleistung von Fachhochschulen bzw. Hochschulen trotz hoher Publikationszahlen und eingeworbener Drittmittel oft weniger sichtbar ist als die Leistung von Universitäten. Gleichzeitig haben Hochschulbibliotheken oft weniger Personal als Universitätsbibliotheken, bieten aber mit dem Betrieb von Repositorien, Publikationsberatung, Zweitveröffentlichungsservice und Publikationsfonds zum Teil bereits ein vergleichbares Leistungsangebot. Verschärft wird dieses Problem durch den Trend, dass Arbeitsbereiche mit hohem Zeitaufwand und Qualifikationsbedarf wie Drittmitteleinwerbung, Publikations- und Open-Access-Beratung sowie der Aufbau und Betrieb von Repositorien und weiteren Servern zunehmend an Bedeutung gewinnen. Durch Synergien und Kooperationen kann eine drohende Ausweitung der ohnehin bestehenden Kluft zwischen dem Entwicklungsstand von Universitäts- zu (Fach-)Hochschulbibliotheken verhindert werden.

 

Erwartungen an die digitale Fokusgruppe

 

Friederike Borchert erhofft sich von der Fokusgruppe mehr Sichtbarkeit der Leistung von Hochschulbibliotheken und ein besseres Verständnis für die besonderen Herausforderungen von Fachhochschulen bzw. Hochschulen. Da die meisten Institutionen dieses Typs vor den gleichen Herausforderungen stehen, sind Kooperation, Vernetzung und ein transparenter Austausch nur folgerichtig. Denkbar ist beispielsweise die gemeinsame Erarbeitung von Anträgen für Drittmittelprojekte. Die Durchführung solcher Projekte kann dort, wo es sich anbietet, durchaus kollaborativ geplant werden. Ähnliches gilt für den Ausbau der Publikationsinfrastrukturen. Auch hier gibt es Potenziale zur Zusammenarbeit, zum Beispiel beim gemeinsamen Betrieb von Repositorien. Das übergeordnete Ziel ist, die Fachhochschulen im Bereich Open Access so voranzubringen, dass sie den Universitäten in Wirkung und Sichtbarkeit nicht nachstehen. Sie wünscht sich, dass alle (Fach-)Hochschulbibliotheken mit einer gemeinsamen Stimme kommunizieren, um sich ihrer Anzahl und Bedeutung gemäß Gehör zu verschaffen.

 

Schnittpunkte zu Länderinitiativen

 

Welche Schnittstellen zu Länderinitiativen wie der Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg sinnvoll sind, wird sich naturgemäß erst nach dem tatsächlichen Start der Fokusgruppe konkretisieren. Aber insbesondere bei den Themen Open Access Monitoring und der Finanzierung von Open Access sieht Friederike Borchert Anknüpfungspunkte. Die Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg kann beispielsweise gezielter auf den Bedarf der durchs MWFK geförderten öffentlichen Hochschulbibliotheken in Brandenburg eingehen, als es eine deutschlandweit angelegte Fokusgruppe vermutlich könnte.

 

Erfahrungen und Perspektiven der Fokusgruppen

 

Durch die Teilnahme an der Fokusgruppe Zweitveröffentlichung hat Friederike Borchert bereits Erfahrung mit dem Format der Fokusgruppen von Open-Access.net: Sie betont insbesondere den Erfahrungsaustausch mit Mitarbeiter*innen aus anderen Einrichtungen und die unter den Teilnehmenden geteilten Materialien als gewinnbringend. Wie komplex und dynamisch das Themenfeld Open Access ist, zeigt sich hier nochmals besonders, denn es werden gerade im Austausch fortlaufend neue Fragestellungen und Perspektiven sichtbar. Auch deshalb sind die Fokusgruppen ein wichtiges Instrument der Open Access Community, denn sie ermöglichen einen wichtigen Wissenstransfer und helfen den Beteiligten, den Stand der Entwicklungen im jeweiligen Bereich im Blick zu behalten. 

 

Neben der Fokusgruppe “(Fach-)Hochschulbibliotheken” gibt es bereits weitere in Arbeit und Austausch befindliche Digitale Fokusgruppen unter Organisation und Unterstützung von open-access.network: Open-Access-Bücher, Open-Access-Monografienfonds, scholar-led.network, Zweitveröffentlichung, Kostenkontrolle und Open-Access-Helpdesk. Die Anzahl der Fokusgruppen soll im Rahmen der Projektlaufzeit auf mindestens zehn anwachsen. Eine Fortführung und der Fortbestand der Gruppen über die Laufzeit hinaus wird angestrebt.

 

Wir bedanken uns herzlich bei Friederike Borchert für das Gespräch und wünschen der Fokusgruppe “(Fach-)Hochschulbibliotheken” einen guten Start und gutes Gelingen. Möglichkeiten zur Teilnahme und Anmeldung zur Mailingliste sind auf der entsprechenden Website aufgeführt.