09.12.2022 | Anja Zeltner
Das ausklingende Jahr lädt dazu ein, einzelne Arbeitspakete der Vernetzungs- und Kompetenzstelle Open Access Brandenburg genauer zu betrachten. Dabei überraschte uns beim Blick auf den Publikationsfonds des Landes Brandenburg vor allem eine Zahl: die 28. Es ist die Zahl der seit September 2021 mit Mitteln des Fonds finanzierten Open-Access-Bücher. Die Anzahl der bewilligten Titel seit September 2021 liegt mit 34 sogar noch höher. Die Differenz ergibt sich, da bei drei bewilligten, aber noch nicht finanzierten Projekten noch keine Rechnungsstellung an uns erfolgte und wir weitere drei Titel bereits 2021 abrechnen und damit auch fördern konnten.
Eine Studentin des Open-Access-Kurses im Fachbereich Informationswissenschaften fragte uns kürzlich, wie diese enorme Anzahl an geförderten Publikationen überhaupt zustande kommen kann. Sie hatte im Kopf überschlagen: Die jährlich zugewiesenen 100.000 EUR durch 28 und eigentlich liegen unsere mittleren Publikationskosten momentan bei ca. 5.800 EUR pro Titel… das geht doch nicht, oder?
Sie hatte recht. Wir konnten diese enorme Antragssumme nur dank eines großzügigen Übertrags des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (MWFK) bewältigen: 75.000 Euro wurden aus dem Jahr 2021 ins Jahr 2022 übertragen. Dies war möglich, da wir nach der Erstellung der Förderkriterien und dem Aufbau einer Arbeitsgemeinschaft der Open-Access-Beauftragten der acht Brandenburger Hochschulbibliotheken erst im September 2021 mit der eigentlichen Antragsbearbeitung im Publikationsfonds beginnen konnten. Das Förderjahr 2021 war daher eigentlich nur ein Förderquartal. Entsprechend konnten wir drei der oben genannten Publikationen noch mit Geldern aus dem Jahr 2021 fördern. Insgesamt lag unser gesamtes Fördervolumen im Jahr 2022 bereits bei 143.354,42 Euro. Im Jahr 2023 werden wir folglich das erste Mal in einen Normalmodus bei der Förderung von Open-Access-Büchern über den Publikationsfonds gelangen.
Übrigens: Die Kosten für alle aus dem Fonds finanzierten und bereits erschienenen Publikationen legen wir über OpenAPC/BPC offen.
Ganz schön viele und interessante Zahlen. Noch interessanter wird es, wenn man sich die Grafik zu den besonders geförderten Disziplinen ansieht.
Dass hier die Geisteswissenschaften mit 21 Publikationen Spitzenreiter sind und Naturwissenschaften sowie Gesundheitswissenschaften nicht auftauchen, ist wenig verwunderlich, da ein Publikationsfonds für Open-Access-Monografien fachkulturell bedingt stärker an geistes- und sozialwissenschaftliche Publikationstraditionen anknüpft. Die Nachfrage unterstreicht aber, wie groß der Bedarf an einer entsprechenden Förderung im Land Brandenburg ist. Die Open-Access-Strategie adressierte dieses Desiderat aus guten Gründen. Mit dem Aufbau der Vernetzungs- und Kompetenzstelle wurde die in der Strategie beschriebene Maßnahme eines Publikationsfonds für Open-Access-Monografien schließlich operationalisiert.
Mit Blick auf das Jahr 2023 wird absehbar, dass wir im Gegensatz zu 2022 nicht mehr alle zu erwartenden Anträge bewilligen können. Das macht ein Auswahlverfahren notwendig, bei dem alle Hochschulen gleichermaßen zum Zuge kommen. Die Arbeitsgemeinschaft des Publikationsfonds entschied sich daher dafür, in der ersten Jahreshälfte in 2023 mit einem Quotensystem zu arbeiten: pro Hochschule können jeweils zwei Anträge direkt bewilligt werden. Weitere Anträge können erst nach dem Stichtag am 31. Juli 2023 nach dem First-come-first-serve-Prinzip bewilligt werden. Alle Anträge müssen selbstverständlich die auf dieser Seite nachlesbaren formalen Voraussetzungen einer Förderung erfüllen.
Die sich bereits in Bearbeitung befindlichen aber noch nicht bewilligten Anträge zeigen aber auch, dass wir sehr schnell an Quotierungsgrenzen stoßen werden, die nicht nur die großen Hochschulen betreffen. Daher lautet ein Fazit aus dem ersten Jahr, dass die Finanzierungsbedarfe für Open-Access-Monografien zwar mit einer jährlichen Finanzierung von 100.000 EUR teilweise gedeckt werden konnten. Aber ohne den Übertrag hätte das Fördervolumen schon im ersten Jahr nicht zur Deckung der Nachfrage gereicht.
Wenngleich sich auch die Arbeitsgemeinschaft immer wieder kritisch fragt: „Wen finanzieren wir hier eigentlich mit öffentlichen Mitteln?“ und dementsprechend auch die Förderbedingungen stetig angepasst werden, bleibt diese Herausforderung vermutlich dauerhaft bestehen. Das ist an sich ein gutes Zeichen, denn es zeigt deutlich, wie stark Open Access auch in diesem Publikationsbereich angekommen ist. Es erfordert aber auch eine fortlaufende Entwicklung und Weiterentwicklung vielfältiger Maßnahmen und Lösungen, um die ebenfalls vielfältigen Bedarfe adäquat aufzufangen.
Die Vielfalt zeigt sich auch in Bezug auf den in den Förderkriterien formulierten Anspruch auf Bibliodiversität (S. 8). Vom großen bis zum kleinen Verlag war bei der Förderung alles dabei: Transcript und De Gruyter sind zwar die Verlage, in denen unsere geförderten Autor*innen besonders oft erscheinen. Aber auch Archive Books, ein scholar-led Verlag, oder edition t+k waren unter den geförderten Publikationsinfrastrukturen.
Auch bei einem weiteren Kriterium, dem Wunsch nach Förderung von Nachwuchswissenschaftler*innen (S. 9), wurde der Publikationsfonds dem selbstgewählten Förderschwerpunkt gerecht: Neun der 28 geförderten Publikationen, also ein Drittel aller bewilligten Publikationen, basieren auf Dissertationen.
Obwohl der Zeitraum zwischen Antragsstellung und Veröffentlichung im Schnitt ca. fünfeinhalb bis sechs Monate dauert, sind einige der 2022 geförderten Publikationen bereits erschienen. Wenn Sie sich für die spannenden Arbeiten der geförderten Wissenschaftler*innen interessieren, finden Sie Hinweise zu den Publikationen in unserem News-Blog sowie Links zu den Volltexten auf unserer Publikationsfonds-Seite unter „Geförderte Publikationen“. Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Entdecken!